Bewohner des Meeres
Wenn ich ans Meer denke, denke ich an Meeresrauschen, an Sonne und Strand, Erholung und Frieden. Doch mein Bild würde bald ins Wanken gebracht werden. Buchstäblich, denn es geschah auf einem schaukelnden Boot vor Gansbaai.
Schon wenn man Gansbaai googelt, wird einem das Grauen angezeigt.. Nein nicht Pinguine, nein nicht Wale, nein nicht Robben.. ja ok, die gibt es da alle auch, aber ich meine ihn: den weißen Hai!
Meine ersten Meeresbegegnungen in Südafrika waren bisher wundervoll. Auf dem Otter Trail war mir der Ozean zu einem treuen Begleiter und Richtungsweiser geworden. Ich wusch mich in ihm, hatte unvergessliche Delfinbegegnungen und lauschte jeden Tag seinem beruhigenden Klang.
Und auch hier entlang der Garden Route hatte ich zunächst schöne Tierbegegnungen. Noch immer war ich traurig über den toten Wal, den ich auf dem Otter Trail sah, aber hier durfte ich nun hunderte Riesen bei ihrer Reise durch den Ozan beobachten. Immer wieder kamen die großen Buckel an die Wasseroberfläche und Wasser spritze empor. Auch wenn die Wale weit entfernt und nicht vollständig zu sehen waren, hatten sie doch eine ganz besondere Aura.
Morgen wollte ich mich meiner größten Angst stellen: Haien! Ich übersprang die sanfte Konfrontationstherapie in einem Aquarium und buchte mit schlotternden Knien eine Fahrt direkt aufs offene Meer. Quasi als Schocktherapie würde ich in einem Käfig direkt auf die "Bestien" treffen.
Meine letzte Nacht vor dem Abenteuer - und für mich war es gefühlt die letzte Nacht meines Lebens - verbrachte ich in einem Zughotel. Das klingt toller als es ist. Die Kabinen waren klein, eng und hellhörig. In dieser Nacht machte ich kein Auge zu. Das lag natürlich nicht an der Tatsache, dass ich mich morgen in einer hauchdünnen Sardinenbüchse meinen Feinden zum Fraß vorwerfen würde.
Am nächsten Morgen ging es nach einer längeren Sicherheitseinweisung auf das Boot mit dem nicht sehr einfallsreichen aber verheißungsvollen Namen "White Shark".
Was soll ich sagen? Leider hatte ich ein weiteres Merkmal von mir vor lauter Hai-Panik vergessen: Ich bin absolut nicht seetauglich. Bereits in den ersten Minuten viel es mir schlagartig wieder ein bzw. eher schwallartig. Ich hing über der Reling und ich war nicht die einzige. Heute war starker Wellengang und so hingen wir wie die Lemminge nebeneinander und lockten auf etwas unappetitliche Weise die Haie an. Köder waren jedenfalls nicht mehr wirklich nötig.
Meine Gesichtsfarbe wechselte von kreidebleich zu grünlich gelb und als das Käfigtauchen begann, war ich bereits bereit mich auch ohne Käfig über Bort zu schmeißen. Hauptsache ich konnte endlich dieses Boot verlassen.
Doch ich muss zugegeben: Beim Anblick der Haie war die Übelkeit für einen Moment vergessen.
Einfach der Wahnsinn! Ich war in mehrfacher Hinsicht erleichtert als es zurück an Land ging.
Ich war stolz, meine Angst überwunden zu haben und am nächsten Tag ging es Richtung Kapstadt. In Simon's Town begegnete ich deutlich niedlicheren Kreaturen des Meeres.
Am Straßenrand genoss ich noch einmal den Sonnenuntergang. Er tauchte Kapstadt in ein magisches Licht.
Am Kap der Guten Hoffnung endete meine Reise. Ich hatte mir dieses Ende magisch vorgestellt.. Ich wollte theatralisch am Kap stehen, mein Haar weht im Wind, zusammen mit einem Tuch, das mein Freiheitsgefühl symbolisiert und ich lasse meine Reise Revue passieren. Ich mache ein Foto am Schild von Cape of Good Hope als einmalige Erinnerung.. Nun ja, die Realität war zunächst etwas anders. Es war völlig überfüllt und auch der Affe schien sich zu denken: was für ein Affentheater!
Doch dann sah ich einen Weg weiter hinauf, weg von den "Bustouristen" und bekam dann noch mein theatralisches Ende.
Am Ende meiner abenteuerlichen Reise war ich stolz auf mich. Ich überwand meine Angst und flog alleine ins Ungewisse nach Südafrika. Ich erlebte wilde Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum bei Tag und in der Nacht. Es gab so viele eindrucksvolle Tierbegegnungen, gefährliche, witzige, traurige und einzigartig schöne. Übernachtet habe ich in Hütten umgeben von Tieren, in paradiesischen Luxuszelten und in Holzhütten mitten in der Wildnis.
Ich habe meine Angst überwunden und sprang von einer der höchsten Bungee-Brücken in die Tiefe. Mit einem viel zu schweren Rucksack stürzte ich mich in das Abenteuer Otter-Trail und erlebte dort die Strapazen des Weges, wie es ist im Einklang mit der Natur zu leben. Dadurch erkannte ich ihre ungefilterte Wildheit und vielleicht die wahre Schönheit. Immer wieder musste ich meine Komfortzone verlassen und neuen Mut finden meine Angst zu überwinden. Regen und Sturm musste ich trotzen und lernte es zu lieben. Belohnt wurde ich mit unberührter Natur, unvergesslichen Momenten und dem völligen Gefühl von Freiheit.
Auch danach habe ich erneut meine Angst überwunden und wagte mich zu den Haien ins Meer.
Nun stand ich hier am Kap der Guten Hoffnung. Der britische Journalist Brian Jackman schrieb einst: „Afrika verändert dich für immer, wie kein anderer Ort auf der Welt. Wenn du einmal da warst, wirst du niemals mehr derselbe Mensch sein. Aber wie soll ich diese Magie jemanden beschreiben, der sie noch niemals erlebt hat? Wie kann man den Zauber dieses gewaltigen Kontinents, dessen älteste Straßen Elefantenpfade sind, in Worte fassen? Vielleicht liegt es daran, dass Afrika der Ort unserer aller Anfänge ist, die Wiege der Menschheit, wo sich vor langer Zeit zum ersten Mal Spezies in der Savanne aufgerichtet haben?“
Auch ich kann den Zauber von Afrika nicht so richtig beschreiben, aber ich trage ihn für immer im Herzen.
Und noch etwas lernte ich auf meiner Reise, etwas das ich schon die ganze Zeit auf meiner Cappy stand: Hakuna Matata!